Kleine Kirchengeschichte Gentha

Die Kirche in Gentha wurde 1624 von der Kurfürstin Hedwig gestiftet. An sie erinnern die beiden goldenen Buchstaben oben am Altar: Churfürstin Hedwig. Sie war eine dänische Prinzessin – darauf weisen die drei goldenen Löwen hin. Das Dorf Gentha war im Dreißigjährigen Krieg fast vollständig zerstört worden. 2 Witwer und 2 Witwen waren übrig geblieben, sie bauten das Dorf wieder auf. Die Kurfürstin wollte sie dabei unterstützen – und ihnen auch mit diesem Kirchenbau neuen Mut zum Leben geben, wie der Apostel Paulus geschrieben hat: „Gott hat uns nicht einen Geist der Verzagtheit gegeben, sondern der Kraft und der Liebe und der Besonnenheit!“ (2 Tim 1,7). – Auf dem Hintergrund der Schrecken des Dreißigjährigen Krieges ist die Gestaltung der Kirche neu zu verstehen: von diesem Ort sollte Freude und Glanz und Frieden ausgehen. Das Lied „Nun danket alle Gott“ aus unserem Gesangbuch ist das Danklied nach dem Ende des Dreißigjährigen Krieges, dort heißt es in der zweiten Strophe: „Der ewigreiche Gott woll uns bei unserm Leben ein immer fröhlich Herz und edlen Frieden geben und uns in seiner Gnad erhalten fort und fort und uns aus aller Not erlösen hier und dort!“.

Es lohnt sich, das Altarbild eingehend zu betrachten. Fotografiert man es mit einer Digitalkamera, wird man bei der Bearbeitung eine großartige Farbigkeit entdecken können. Jesus sitzt mit seinen Jüngern beim Mahl in der Nacht, als er verraten wurde. Am Tisch sitzt auch Judas, der Verräter, schon zum Gehen gewandt, mit seinem Lohn im Geldbeutel: 30 Silberlinge (ca. 1000 Euro). Der Tisch ist gedeckt, Brot und Wein stehen da. Es ist noch Platz: Wir sind auch eingeladen.

Das Besondere haben wir erst vor kurzem, durch Frau Dr. Ute Essegern, eine Kunsthistorikerin, entdeckt. Sie forschte zu Bildnissen der Hedwig und entdeckte mit Staunen, dass sie auf dem Altarbild zu sehen ist: Die zweite von rechts. Eine Sensation! Eine Frau an diesem Tisch – und dafür ein Apostel weniger. Vielleicht war dieses Zeichen der Emanzipation nur abseits großer Straßen möglich. Jedenfalls passt es sehr zum lutherischen Glaubensbekenntnis der Hedwig: „Ich habe einen Platz am Tisch meines Herrn  und Heilandes Jesus Christus, in Zeit und Ewigkeit.“ Wir dürfen annehmen, dass die anderen Genthaer sind, wo wir aber keine Vergleichsbilder haben.

Neben dem Altar steht der Taufstein, aus der gleichen Zeit wie der Altar, also die Grundausstattung der Kirche.

Es kann davon ausgegangen werden, dass an dieser Stelle schon früher eine Kirche stand, vermutlich eine Feldsteinkirche, wie die in Mellnitz, Morxdorf und Gadegast, die ca. 850 Jahre alt sind. Gentha hat aber ein ganz besonderes Stück aus dieser alten Zeit: eine Sandsteintaufe. Im Juni 2002 wurde sie durch 10 Feuerwehrmänner in die Kirche gebracht und damit vor weiterer Zerstörung durch die Witterung bewahrt. Es ist einer der ältesten Taufsteine der ganzen Umgebung, aus der Zeit der Missionierung unseres Gebietes. An diesem Taufstein mögen die ersten Christen hier getauft worden sein, die Wenden waren. Der Taufstein stand damals auch am Eingang der Kirche, weil Heiden (Ungetaufte) eine Kirche nicht betreten durften. In Gentha sind also schon über 30 Generationen der Einwohner getauft worden, bis hin zu den Urururur (27mal Ur-) großeltern!

Die Orgel ist ein solides Werk des Eilenburger Orgelbaumeisters Geissler, die kleine Schwester der Seydaer Orgel aus dem Jahre 1899, also ein Spätwerk.

In dem oberen abgeteilten Raum saßen früher die Herren des Gutes und ihre Gäste. Gefiel ihnen die Predigt nicht, konnten sie die Fenster schließen. Vor Gott sind alle Menschen gleich: hier in der Kirche trafen sich alle am Sonntag, die Landarbeiter und die Gutsbesitzer, die Kinder und die Alten.

Heute findet im Anbau der Kirche die Christenlehre statt.

Im hinteren Teil der Kirche hängt ein Bild mit Fotos der Kirche, etwa 100 Jahre alt. Es ist wohl einmal zur Goldenen Hochzeit oder einem anderen Jubiläum verschenkt worden. Man kann darauf erkennen, dass die Kanzel früher im Altar war. Diese Anordnung, ein „lutherischer Kanzelaltar“, ist typisch für diese Zeit (vgl. Seyda, Arnsdorf): Das Wort Gottes (die Predigt) und die Sakramente (Abendmahl; der Taufstein wurde vor den Altar gestellt) sind der Mittelpunkt des Gottesdienstes: Da will Gott zu uns sprechen und uns nah sein. Martin Luther hatte vorgeschlagen, Kirchen so zu bauen.

Manches große und kleine Detail wird man noch in der Kirche entdecken: Da sind die großen bunten Fenster, die aus Liebe und Dankbarkeit der Kirche gestiftet worden sind, vermutlich von einem Ehepaar, deren Namen sich hinter den Anfangsbuchstaben verbergen.

Links an der Wand befindet sich die „Sakristei“; früher kam der Pastor aus Elster zu Fuß oder mit der Kutsche, und dann zog er sich dort um; natürlich waren Gardinen vor den Fenstern. Links neben der Sakristei sind Tafeln angebracht, die an die Männer erinnern, die im 1. und 2. Weltkrieg als Soldaten ums Leben kamen. Sie haben kein Grab in der Heimat, sondern liegen auf den Schlachtfeldern Europas. Die Tafeln erinnern an ihre Namen und daran, wie schlimm Krieg ist.

Eine Besonderheit in Gentha sind auch die Paramente: Das sind die bunten Tücher, die am Altar und am Lesepult hängen. Sie wechseln ihre Farbe im Kirchenjahr. Im Gesangbuch kann man das genau nachlesen unter den Nummern 953 und 954. Die Paramente hängen im Schrank hinter dem Altar.

Um die Kirche herum befindet sich der Kirchgarten. Früher war hier ein Friedhof, wie es auch noch in vielen Orten üblich ist (Gadegast, Ruhlsdorf, Naundorf). Lebende und Tote sind in Gottes Hand, das ist unsere christliche Hoffnung; und wer zur Kirche ging, erinnerte sich beim Gang über den Friedhof daran, dass unser Leben begrenzt ist – und dass wir diese Hoffnung haben.

„Herr, ich habe lieb die Stätte deines Hauses und den Ort, wo deine Ehre wohnt.“ Psalm 28,5