Früher waren in unseren Orten gereimte „Erntepredigten“ Brauch. Sie spiegeln immer auch die Zeit wieder!

Erntepredigten:

  1. Vom Lehrer Wagner aus Ruhlsdorf, 1919 (Aus: „Geschichte Ruhlsdorfs“ von Irmgard Grützbach, 1998)
  2. Vom Lehrer Lommatzsch aus Zemnick, damals vorgetragen von der Schülerin Elly Pötzsch, heute verheiratete Zimmermann, die es jetzt noch auswendig kann (Aus: „Die Geschichte der Kirche in Zemnick“, 1998)
  3. Von Frau Lieselotte Hintersdorf geb. Jackisch aus Ruhlsdorf 1957 (aufgeschrieben 2002)

 

Erntepredigt aus Ruhlsdorf 1919

Von Fritz Wagner, Lehrer in Ruhlsdorf

 

Nach schwerer Arbeit, sauren Tagen

kann auch der Mensch mal fröhlich sein.

 

Drum Jugend komm, vergiss[!Duden1]  die Klagen,

Stimmt in den Erntejubel ein.

Freut euch[!Duden2]  des reichen Ernteglückes;

Schaut stolz auf  Euren Erntekranz.

 

Doch eh’zum Tanz die Weisen klingen,

Lasst[!Duden3]  uns nach alter frommer Art

dem Herrgott unsern Dank erst bringen,

der uns die Früchte hat bewahrt.

 

Der da mit Tau und mildem Regen

die Fluren manchmal hat bedacht.

Ihm danken wir den Erntesegen,

der nun von uns ist eingebracht.

 

Drum faltet still mit mir die Hände

und sprechet mit mir im Gebet;

Die Ernte liegt ja doch am Ende

bei Gott, des Liebe nie vergeht.

 

Sei du mit uns auf allen Wegen

und segne unsrer Hände Tun;

dann wird des Himmels reicher Segen

auf uns und unsrer Arbeit ruhn.

 

Dann können wir beim Erntetanze

vergessen alle Müh und Not.

Und singen froh beim Erntekranze

das Lied: "Nun danket alle Gott".

 

Erntepredigt aus Zemnick 1936

 

Von Lehrer Lommatzsch, Zemnick

 

Die Ernt´ ist nun zuende,

der Segen eingebracht

woraus Gott alle Stände

satt, reich und fröhlich macht.

Der alte Gott lebt noch,

man kann es deutlich merken

an soviel Liebeswerken!

Drum preisen wir ihn hoch!

Ein Jahr harte Arbeit ist wieder vorbei,

wir waren ja alle feste dabei.

Und heut - nach alter Väter Brauch -

feiern wir ein Tag der Freude auch.

Ich begrüße all´ die Freunde und Gäste

zum heutigen Zemnicker Erntefeste!

In Berlin zur Olympiade freilich

herrscht mehr Leben

- aber was wir hier in Zemnick geben

an Gastfreundschaft, Liebe und Treu

soll ein Zeichen sein auf´s Neu,

daß wir auch gern Opfer bringen

und für Deutschlands Zukunft ringen.

Wir haben gearbeitet so fleißig

und mußten Enttäuschungen erleben im Jahre fünfundreißig.

Wohl gab es Stroh, aber die Körner gaben uns Ursach

zum Klagen, der Regen: ach,

er fehlte so sehr, und machte uns unsere Arbeit so schwer.

Gehofft haben wir auf eine gute Ernte

im nächsten Jahr.

Das haben wir alle, das ist wahr!

Und unsere Hoffnung war nicht vergebens:
Gott schickte uns in diesem Jahr mehr Regen,

er segnete unsere Arbeit, unsere Fluren und das Land.

Die Felder sind nun wieder abgeräumt,

die Arbeit ist zu Ende,

wir haben dabei nicht gesäumt,

voll Fleiß geregt die Hände.

Die Scheune birgt, was jedem frommt,

sobald der harte Winter kommt.

Ja, die Schnitter, sie hatten tüchtig zu tun

bei der Ernte, Tag um Tag, ohne zu ruhn.

Und wir Schnitterinnen waren wie die Bienen so fleißig

- das taten wir gern, denn die Ernte war besser im Jahr sechsunddreißig.

Aber all unser Fleiß, er wäre vergebens gewesen,

wenn Gottes starke Hand nicht hätt´ gewehrt

Unwetter und sonstiges Verderben,

was unsere Felder oft verheert.

Drum bitten wir Dich, Gott im Himmel,

für unser fernes Wohlergehn,

damit wir auch im nächsten Jahr

hier wieder dankbar vor Dir stehn.

 

(Anschließend wurde gemeinsam das Lied
„Nun danket alle Gott“ gesungen.)

 

 

Erntepredigt 1957

 

Von Lieselotte Hintersdorf geb. Jackisch, Ruhlsdorf

 

Lasst euch begrüßen von Nah und Fern

zum Fest, das endlich wieder da!

Das euch hierher in den Saal geführt -

wir wollen´s begehn, wie´s sich gebührt.

 

Das Fest, das immer in alter Pracht

gefeiert muss werden bis spät in die Nacht

soll sein uns ein Lohn für Mühe und Fleiß –

nicht weniger auch ein Gottespreis!

 

Wir haben ein schönes Werk vollendet,

da nun die Ernte ist geborgen.

Ein jeder half, dass abgewendet

für lange Zeit die Nahrungssorgen.

 

Bescheiden dürfen wir uns sagen:

Es schaffte jeder mit Bemühn!

In kalten und in Regentagen,

in Sturm und heißem Sonnenglühn.

 

Frühlingsanfang ließ sich gut an,

die erste Saat schon in den Boden kam.

Doch April und Mai hat es uns angetan

und manche Hoffnung bald zerrann.

 

Von der Saat bis hin zur Ernte

ist ein langer Weg – fürwahr.

Nicht jeder aus dem Ablauf lernte,

dass es schon jedes Jahr so war.

 

Die Sonne ließ das Korn schnell reifen,

die MTS griff tüchtig zu.

Doch schwarze Wolken ließen oft den Blick zum Himmel schweifen,

und so verrann die Zeit im Nu!

 

Bei schönem Wetter wurde viel geschafft,

die Traktoren summten Tag und Nacht!

Viele Pläne wurden aufgestellt -

und warteten doch auf den Herrn der Welt,

der uns das unbeständige Wetter schaffte

und alle Pläne zunichte machte.

 

Ein fester Wille lässt uns hoffen,

wir werden immer mehr erringen,

dem Tüchtigen steht alles offen,

er kann das höchste Ziel bezwingen.

 

Mag Blitz und Donner toben,

wir trauen doch dem oben,

der uns beschützt und unsre grüne Saat!

Die beste Stütze sind wir für den Staat.

 

Dann können wir beim Erntetanze

vergessen alle Müh und Not,

drum singet froh beim Erntekranze

das Lied: „Nun danket alle Gott!“

 

(MTS – Maschinen-Traktoren-Station)

 

Nun danket alle Gott

mit Herzen, Mund und Händen!

Der große Dinge tut

an uns und allen Enden.

Der uns von Mutterleib

und Kindesbeinen an

unzählig viel zu gut

bis hierher hat getan.

 

Der ewigreiche Gott

woll uns bei unserm Leben

ein immer fröhlich Herz

und edlen Frieden geben.

Und uns in seiner Gnad

erhalten fort und fort

und uns aus aller Not

erlösen hier und dort.

 

Lob, Ehr und Preis sei Gott

dem Vater und dem Sohne!

Und dem, der beiden gleich

im höchsten Himmelsthrone.

Ihm, dem dreieingen Gott

wie es im Anfang war

und ist und bleiben wird

so jetzt und immerdar.

 

Gedichtet von Martin Rinckart, Eilenburg, um 1630;

zunächst als Tischlied; später wurde es zum großen Danklied nach dem Ende des Dreißigjährigen Krieges; heute: Gesangbuch Nr. 321

 

 

 

 

 

Erntegedicht 2004

 

Der Herbst ist da, kühl werden nun die Tage

Zu Ende geht manch Ding, des Gartens Plage.

Doch hat es sich gelohnt: denn reichlich Frucht und Blüte

Schenkt Gott uns auch in diesem Jahr durch seine Güte.

 

Schnell ging das Jahr vorbei, im Sauseschritt

Vergeht die Zeit, und wir, wir gehen mit.

Doch nun, halt an, und freue dich doch auch:

Gefüllt sind Stall und Kammer und dein Bauch.

 

Oft haben wir gefragt: Kann das der Sommer sein?

Die Zahl der Regentage war nicht klein.

Doch gut war´s für das Wachsen auf dem Feld:

Viel schlimmer war das Klagen um das Geld.

 

Manch einen hat es hart getroffen dieses Jahr:

Nichts ist mehr, wie es früher einmal war!

Die Arbeit, die ist knapp in unserm Land,

und Geld, das fehlt der öffentlichen Hand.

 

Gut ist deshalb zu feiern solch ein Fest

Das uns die Dorfgemeinschaft spüren lässt:

Nicht allein sind wir, in gut´ und bösen Tagen

Und wollen immer auch nach unserm Nachbarn fragen.

 

Wir wollen uns erinnern, was wir wirklich haben:

Und da sind viele, viele Gottesgaben.

Die Früchte nannt ich schon, jedoch, es ist viel mehr:

Familie, Freunde, Land und weites Meer!

Die Tier im Stall und auf der grünen Heide,

vor allem aber: Lieb, Hoffnung auch und Freude.

 

Sorgt euch nicht um das Morgen, lässt der Herr uns sagen:

Ihr müsst genug euch schon mit Heute plagen.

Das freilich ist wirklich das, was zählt:

Vergesst die Liebe nicht, bei euch und in der Welt.

So viele andere große, mächtige Sachen,

die könnt ihr sowieso allein nicht machen,

dafür verlasst euch ganz auf Gottes Hand,

der immer wieder alle Not gewandt.

 

Drum können wir trotz allem heute fröhlich sein,

ich ladt Euch ein, kommt, stimmt doch mit mir ein

ins alte Lied, das schon die Väter sangen,

es will euch nehmen Angst und Frust und Bangen.

 

„Nun danket alle Gott“ wolln wir jetzt singen

durch unser ganzes Dörflein soll es klingen.

 

 

Erntedankfest 2005

 

Der Tisch ist reich gedeckt,

drum lasst uns nun Dank sagen,

wie´s üblich ist im ganzen Land in diesen Tagen,

wie´s auch seit langem ist in Seyda Sitte,

deshalb ja steht die Kirch´ ins Städtchens Mitte.

 

Die vielen wolln´ wir heute nicht vergessen,

die sorgten, dass wir haben satt zu essen:

im Stall, im Feld und auch in manchem Garten,

in Laden, Handel und auf großen Fahrten.

 

Dem Herrn sei Dank, der gab dazu die Kraft;

Zeit, Möglichkeit und reichlich Lebenssaft;

der wirkt` hindurch durch Sonnenschein und Regen

und auch in diesem Jahr uns gab den Segen.

 

Zwar mag es da manch Tag, manch Stunde geben,

da dachten wir: Wir lenken selbst das Leben!

Doch dann – ich hoff`, nicht erst in großer Not

besannen wir uns doch auf sein Gebot.

 

Nicht alles liegt in unsrer Hand allein,

für etlich´ Ding ist unser Kopf zu klein,

die wollen wir getrost Gott überlassen,

denn sie sind für uns heute nicht zu fassen.

 

Wir haben diesen Draht zum Geber aller Gaben,

von ihm ist alles, was wir sind und haben:

wer sein Wort hört, der hört: Er meint es gut!

Das gibt uns Kraft und Freude und auch Mut.

 

Die Liebe, die er gab, die woll´n wir nicht vergessen,

die soll dabei sein, auch bei unserm Essen.

Die Liebe könn´ wir sehn in all den Gaben,

an denen wir uns nun woll´n alle laben.

 

Die Liebe, dahin will er uns doch lenken:

Dass immer neu wir sie einander schenken.

So reichlich, wie die Frucht an manchem Baum,

so soll sie haben bei uns großen Raum.

 

Die Lieb´, aus der wir leben seit der Mutter Schoß,

um die es geht, in Hütte und in Schloss.

Die Lieb´, durch die das Leben sich erfüllt,

die mehr ist als das Geld der ganzen Welt.

 

Wir brauchen sie, die Liebe, die uns trägt,

dass über uns nicht schnell der Wind hin fegt:

Die Lieb` von Gott ist immer, alle Morgen:

Sind wir bei ihm, so sind wir wohl geborgen.

Drum lasst uns danken ihm in Freud und Schmerzen:

Sein Lob erschalle tief aus unsern Herzen.

Er meint es gut mit uns, das künden uns die Gaben,

die wir so reichlich heut auf unserm Tische haben.

 

So stimmt nun ein – das sei das letzte Wort:

So woll´n wir sing´n:: „Nun danket alle Gott!“

 

 

 

 

 

 

 

Erntegedicht 2006

 

Ein jedes Jahr erinnert uns aufs neue

das Erntefest an Gottes große Treue.

 

Die Pflaumen, Birnen, Gurken und Tomaten,

und alles,

was da wieder kam aus unsern Saaten,

die roten Äpfel und die Kürbis lecker,

Getreidekörner für den Zuckerbäcker:

all´ dieses lässt das Staunen werden groß:

ist es nicht wirklich fein und ganz famos:

Dass da aus einem Samenkorn ganz klein

Geworfen in die tiefe Erd´ hinein,

ganz segensreich herauskomm´n solche Gaben,

an denen sich dann unser Herz kann laben.

 

Bedenkt doch wieder, wie ein Apfelkern

- nicht mal ein Zentimeter gut und gern -

dann gibt den Grund für einen großen Baum,

bei dem zu zählen sind die Äpfel kaum.

 

Bedenkt doch, wie das alles vor sich geht,

am Sternenzelt und selbst im kleinsten Beet:

und wir, wir sind doch mittenrein gestellt,

und Teil des Ganzen, wunderbar erwählt,

auch mit zu tun, zu schaffen, zu bewahr´n:

damit wir wieder gute Ernt` einfahr´n.

 

Bedenkt: allein könnt ihr nur durch die Gaben

doch auch noch nicht das wahre Leben haben.

An jedem Erntedankfest wird er neu genannt:
Der reiche Bauer, der sich hat verkannt,

und dacht, die vollenScheunen wärn

das Heil derSeel

und mußt´ sie doch darauf abgeben schnell.

 

 

Drum ist es gut, dem Geber Dank zu sagen,

und fest mit ihm im Bund zu sein

an allen Tagen.

Die Freud´ ist groß, die wollen wir ausdrücken,

und fester auch dabei zusammenrücken.

 

Das Erntefest, das will uns Gutes zeigen,

doch wolln wir auch das Schwere nicht verschweigen.

Für viele hier und in der weiten Welt,

da fehlt´s an Arbeit, Frieden und an Geld.

 

Gott schenkt uns Gaben reichlich und auch viel

und hat mit seinem Wirken auch das Ziel,

dass wir ganz treu das uns´re tun und machen

und teilen, geben ab von diesen Sachen.

 

Der Sommer, der war heiß und wunderschön

- zunächst, und es gab Spannendes zu sehn:

Der Fußball rollte quer durch unser Land,

und knüpfte da ein riesengroßes Band.

Ist das nicht auch ein großer Grund

zum Danken,

so viele Mauern, die zu Boden sanken:

Da war bei uns zu Gast die Welt, die ganze,

zum Spielen, Jubeln, Feiern und zum Tanze.

 

Im Juli – wisst Ihr noch, wie schön das war –

gefeiert haben wir da fünf mal hundert Jahr

Mark Friedersdorf  lud dazu ein -

erinnern tut daran ein Stein.

 

 

 

 

Nun also wollen wir Gott Danke sagen

für seine Hilf´in allen Lebenslagen.

Und wie es Brauch ist, lasst uns dazu singen,

wie es auch schon die Väter einst anfingen:

das große Danklied jetzt auf unsern Gott,

der Kraft uns gab und gibt, auch fort und fort.

 

Nun danket alle Gott

mit Herzen, Mund und Händen,

der große Dinge tut

an uns und allen Enden,

der uns von Mutterleib

und Kindesbeinen an

unzählig viel zu gut

bis hierher hat getan.

 

Der ewigreiche Gott

woll uns bei unserm Leben

ein immer fröhlich Herz

und edlen Frieden geben

und uns in seiner Gnad

erhalten fort und fort

und uns aus aller Not

erlösen hier und dort.

 

Lob, Ehr und Preis sei Gott,

dem Vater und dem Sohne

und Gott dem Heil´gen Geist

im höchsten Himmelsthrone,

ihm, dem dreiein´gen Gott,

wie es im Anfang war

und ist und bleiben wird

so jetzt und immerdar.

 

 

 


 [!Duden1]Originalwort: vergiß, Neues Wort: vergiss;

weitere Möglichkeiten: keine;

angewandte Regeln: Doppel-s-Schreibung nach kurzem Vokal

 

 [!Duden2]Originalwort: Euch, Neues Wort: euch;

weitere Möglichkeiten: keine;

angewandte Regeln: Kleinschreibung für Anredepronomen du usw. in Briefen

 

 [!Duden3]Originalwort: Laßt, Neues Wort: Lasst;

weitere Möglichkeiten: keine;

angewandte Regeln: Doppel-s-Schreibung nach kurzem Vokal