(für den Jessener Heimatkalender 2010, S. 111)

 

 

Frisch, fromm, fröhlich, frei… Der CVJM in Seyda

 

Einer der kleinsten und gleichzeitig einer der größten Vereine im Jessener Stadtgebiet ist der CVJM Seyda e.V: Der Christliche Verein Junger Menschen. 25 Millionen gehören weltweit zu diesem Jugendverein, der 1855 in Paris gegründet wurde; der Ortsverein in Seyda hat 15 Mitglieder.

Die drei Ecken des CVJM-Symbols umreißen das Ziel: Jugendarbeit für „body, mind and soul“ zu betreiben, für Körper, Geist und Seele, und darum ist der CVJM in Seyda bemüht.

Nach der Gründung 1997 wurde das kleine Häuschen am Kirchplatz 3 von der Stadt erworben. Um 1740 wurde es gebaut, ein Fachwerkbau, und war seit einigen Jahren nicht bewohnt. Mit viel Energie und Freude begannen die Jugendlichen, das Haus zu sanieren: In der Tischlerwerkstatt eines Großvaters wurden die Fenster repariert; das Mauern wurde in den verschiedenen Ecken des Hauses probiert (ganz grade musste es ja in dem alten Haus nicht sein), gemalert, tapeziert – und schließlich das Dach gedeckt: junge Handwerksmeister aus der Umgebung halfen mit wie auch etliche Jugendliche, die inzwischen aus der Schule in die Lehre gewechselt waren und ihre neu erlernten Fähigkeiten gleich vor Ort anwenden konnten. Es war November: Sie kamen nach der Arbeit, bei Beleuchtung wurden die Steine auf das Dach gebracht, und einen Tag vor dem ersten Schnee war es fertig!

1999 gewann der kleine Verein den 1. Platz eines deutschlandweiten Wettbewerbs des CVJM; der Generalsekretär kam aus Kassel mit dem Preisgeld von 5000 DM, das half, weitere Bauarbeiten durchzuführen.

Vom anderen Ende der Welt bekamen wir Unterstützung: Aus Seattle! Im Sommer 2005 wurde gemeinsam die Mellnitzer Kirche mit einem neuen Innenanstrich versehen – aber auch das CVJM-Häuschen bekam eine neue Fassade mit neuen Balken; in einem Tag wurde eine neue Treppe gebaut. Ein Restaurator half uns, das alte Rezept für das Herstellen von Fachwerk zu beleben: Mit Stroh aus Mellnitz und Lehm aus Naundorf wurde geknetet – und gebaut. Extra zu diesem Zweck wurde nach Wasser gebohrt und eine kleine Pumpe in den Vorgarten gestellt: „Am Brunnen vor dem Tore, da steht ein Lindenbaum“ – das haben wir in Seyda.

Die herzliche Verbindung nach Übersee blieb bestehen, Jahr für Jahr gab es neue Besuche.

Über 15 Jahre wurde intensiv der Deutsch-Polnische Jugendaustausch zwischen Seyda und Zary betrieben: In jedem Sommer kam eine Gruppe polnischer Jugendlicher nach Seyda, und eine Jugendfahrt ging nach Polen. Zweimal auch mit dem Fahrrad! So haben wir die Nachbarn kennen gelernt, Brücken der Verständigung gebaut und miterlebt, wie die Grenze Schritt für Schritt durchlässiger wurde und Europa zusammengewachsen ist. Eindrücklich waren auch die Andachten: Etliche Bewohner Seydas sind in der Stadt und der Gegend geboren, aus der die polnischen Jugendlichen kamen; durch den Krieg kamen sie hierher; miteinander wurde gebetet und gesungen.

Aus diesem Jugendaustausch ergab sich ein wichtiges Projekt, das den CVJM bis heute begleitet: Im Herbst 2000 lernten wir bei einer Jugendfahrt in Polen ein kleines Mädchen kennen, das gerade geboren war: Ivona. Es hat nur ein gesundes Bein. In Polen gab es keine Aussicht auf Hilfe. So wurden wir darum gebeten, aus dem „reichen Deutschland“. Was sollten wir tun? Wir taten, was wir konnten: Auf dem Weihnachtsmarkt sammelten wir Spenden, und wir kümmerten uns auf vielerlei Wegen um Unterstützung. So bekam sie schon nach einem halben Jahr – mit Hilfe einer deutschen Klinik in Bad Saarow – eine Orthese und konnte laufen lernen. Sie ist nun 9 Jahre alt, in diesem Mai hatte sie Kommunion. Jahr für Jahr haben wir sie begleitet, denn das zweite, künstliche Bein wächst eben nicht von allein, sondern muss immer wieder betreut und „verlängert“ werden. Wir konnten miterleben, wie das Mädchen auf die Beine kam, sogar Fahrrad fahren lernte, in die Schule gehen kann… Es war ein großes Erlebnis, dass wir mit unserer kleinen Kraft dazu beitragen konnten, das zu bewegen. Wir erlebten, wie die ganze Klinik verkauft wurde – und immer wieder gab es doch Wege, die weiterführten. Nun soll sogar am Beginn des neuen Jahres eine Operation möglich sein, die nur ganz wenige Spezialisten auf der Welt durchführen können: So wird Ivona ein Knie haben und damit noch besser auf die Beine kommen. Gottes Hilfe haben wir erlebt: Gerade auch an dieser Stelle.

 

Der Kalender des CVJM-Seyda mit den Schulferien und den wichtigsten Festen des Jahres hängt in vielen Küchen und Büros in Seyda und Umgebung, auch bei unseren Freunden in Polen, in Amerika, in Prag und in Moskau, in Mainz und an vielen anderen Orten kann man ihn finden. Auch in diesem Jahr soll er wieder herauskommen und auf den Weihnachtsmärkten erhältlich sein.

 

Der Sport spielte und spielt im CVJM eine wichtige Rolle. Einmal im Monat findet in der Seydaer Turnhalle ein Volleyball-Abend statt, zu dem alle Jugendlichen eingeladen sind. Immerhin konnten wir im Jahr 2007 beim Mitternachts-Volleyball-Turnier von Sachsen-Anhalt den 1. Preis nach Seyda holen!

Eine Kletterwand vom CVJM steht Jahr für Jahr bei den Kinderkirchenferientagen in Seyda, einem großen bunten Zeltlager. Viele Mitglieder des CVJM engagieren sich für dieses Projekt, was in den Tagen den ganzen Einsatz fordert, aber viel Freude bringt.

Auch an einem Wettbewerb zu einem Eintrag ins Guiness-Buch-der Rekorde nahm der Verein teil: Eine Million Kilometer sollten per Fahrrad bei einer „Tour der Hoffnung“ durch ganz Deutschland zurückgelegt werden, eine Etappe lief durch Seyda. Leider fehlten dann knapp 35.000 Kilometer, aber ein Jahr später machte ein CVJMer aus Mainz einen Guiness-Rekord mit einer 4000-Kilometer-Tour auf Skatern: in Mainz beim Start waren wir dabei, hier haben wir ihn ein Stück begleitet.

 

Vor einem Jahr begannen die „Bibeldetektive“ zu forschen, ein CVJM-Projekt für 8 bis 11jährige, was viele Kinder aus Seyda und Umgebung (und ihre Eltern) begeistert hat und näher an die Bibel führt: Mit einem bunten Programm am Sonnabendvormittag von 9 bis 12, mit Film, Theater, Spiel – alles rund um das „Buch der Bücher“ – bis zum Mittagessen.

 

In der nun 12jährigen CVJM-Geschichte ist viel passiert: Zu nennen sind auch Theater-Projekte, sowohl in der Weihnachtszeit, wie auch „Passionsspiele“ zum Palmsonntag; eine Zeitlang erschien eine kleine Zeitung „Ganz Nah“, mit Interviews und Berichten aus der Umgebung. Das richtet sich immer nach den Jugendlichen und Mitarbeitern, die gerade den CVJM besuchen, und ihren Interessen.

 

Viel Unterstützung erhielt unser Verein in all den Jahren durch die Öko-Tour-Sanierungsgesellschaft Seyda: Das Nebengebäude wurde neu aufgebaut, der Zaun, der Zuweg, der Flur gestaltet.

 

Zum Jahr 2000 bekamen wir ein großartiges Geschenk: Computer und einen Internet-Anschluss. Seitdem wird die Internet-Seite des Städtchens, www.seyda.de, gestaltet. Die „Denkfabrik“ des CVJM bekam vom Seydaer Stadtrat dafür die Erlaubnis, und bis heute kann man unter „Seydaaktuell“ lesen, was Tag für Tag in unserem Städtchen geschieht. Die „Denkfabrik“ gestaltete die Homepages auch für Gentha und Gadegast (www.gadegast.de).

Zur Zeit gibt es keine „Denkfabrik“ im CVJM: Bis sich vielleicht wieder Jugendliche finden, die Lust haben, auf diese Weise tätig zu werden.

 

Geblieben durch die Zeit ist das Herzstück des CVJM: Die Jugendkreise, zeitweise auch „Offene Abende“ genannt: Jetzt am Dienstag und am Mittwoch um 19.30 Uhr. Die Jugendlichen heute sind sehr verschieden: Deshalb gibt es zwei Angebote in der Woche. Die „Struktur“ der Abende ist ähnlich: Es beginnt mit einem Tee, meist ist auch ein kleiner Imbiss dabei, und mit der Gitarre. „Glory, glory, Halleluja!“ ist zum Beispiel ein Standardlied zur Eröffnung. Nach dem Gespräch über Ereignisse der Woche kommen ein oder zwei thematische Impulse: ein Bibelwort zum Nachdenken; eine Person, die etwas bewegt hat; etwas zum Anschauen. Dann gibt es Spiele: Lustige und nachdenkliche, bisweilen auch „Versteckspiel bei Mondschein im Wald“ oder ähnliches, zum Schluss Abendlied und Abendsegen.

Immer mal wieder machen wir auch einen Ausflug, zum Kino oder mit dem Fahrrad, meistens in der Ferienzeit. So sahen wir miteinander „Der Untergang“ (über Hitlers letzte Tage) oder „Die Welle“ im Kino, was dann auch Gesprächsstoff lieferte.

 

Wie alle anderen merken wir auch, wie sich unsere Gesellschaft verändert: es gibt weniger Jugendliche, und sie sind nicht mehr so „beieinander“ in großen Gruppen, sondern haben oft sehr unterschiedliche Interessen. Aber sie sind doch da – mit all ihren Talenten, Hoffnungen, auch ihren Sorgen. Der CVJM will ein Ort sein, wo sie sich treffen und entfalten können, und wo sie auf unterschiedliche Weise dem Evangelium von Jesus Christus begegnen, das Menschen frei und froh machen kann.

 

„Ich mach Station am Weg, auf dem ich geh.

Ich halte an, damit ich Freunde seh,

die auf der gleichen Straße wie ich geh´n:

Ich halte an und bleibe bei euch stehn.

 

Ich frage dich: Wie geht’s, wo kommst du her:
Wie heißt dein Ziel, und Freunde, wer seid ihr?

Lasst mich ein Stück die Straße mit euch ziehn

und kurze Zeit in eurem Leben stehn.

 

Ich suche Gott, bin unterwegs zu ihm,

und wenn ihr wollt, könnt ihr auch mit mir gehn.

Gemeinsam finden leichter wir das Ziel:
Gemeinschaft halten ist, was Gott auch will.“

 

Ein Lied beim CVJM.

 

 

 

 

 

 

 Deutsch-Polnische Jugendbegegnung Zary-Seyda

 

 

In Seyda

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Tour der Hoffnung 2000

 

 CVJM-Kletterwand bei den Kinderkirchenferientagen

 

Bibeldetektive in Seyda

 

 

Ivona fährt Fahrrad

 

 CVJM-Haus

 

 CVJM-Band Seyda beim Auftritt in Wolfen

 

 Kinderkirchenferientage in Seyda