Kleine 
Geschichte 
der 
Kirche 
in 
Linda 
und
Neuerstadt.

Mit Bildern und auf Papier gedruckt erhältlich unter: kirche-seyda@t-online.de!

Wir sind nicht die Ersten, und wir werden auch nicht die Letzten sein,
die wir heute in Linda und Neuerstadt zur Kirchengemeinde gehören und
hier leben und arbeiten. Ich konnte 20 Monate dabei sein! Dabei habe ich
auch einen kleinen Einblick in die lange und reiche Geschichte der
Kirchengemeinde gehabt, den ich hier - in all seiner Unvollkommenheit
und Kürze - wiedergeben möchte. Es macht mich froh und getrost, davon zu
hören und zu wissen, dass Gott sein Volk nicht im Stich gelassen hat,
sondern in allen Zeiten - auch in ganz finsteren - Mut und Kraft und
Geduld und Freude geschenkt hat. Und das kann man sehen: nicht nur in
Geschichten von Ferne, sondern hier bei uns.
Pfarrer Wallroth, der von 1934 bis in die fünfziger Jahre hinein
zuständig war, hat eine umfangreiche Chronik von 480 Seiten geschrieben,
die aber schon bald nach seinem Weggehen verschwunden ist. Dennoch
konnten einige seiner Aufzeichnungen im Pfarrarchiv gefunden werden und
hier Verwendung finden.
Vielen Dank allen, die mich so freundlich in Linda und Neuerstadt
aufgenommen haben, und von denen ich auch manches über ihren Glauben und
über die Geschichte gehört habe. 
Gott, der Herr, segne Linda und Neuerstadt.

Thomas Meinhof, Pfarrer

August 2.000


Tausend Jahre Geschichte haben ihre Spuren in unseren Dörfern
hinterlassen! Auf die ersten Siedler, die Wenden, weist in Linda zuerst
die alte Dorfanlage hin: Die Wenden bauten ihre Dörfer in Hufeisenform,
wie man es am Winkel noch sehen kann. In der Mitte, am Dorfteich, wurden
in der Nacht die Tiere untergebracht, um sie vor Räubern und Raubtieren
zu schützen. Das ist der älteste Teil des Ortes. Auf die Wenden wies
noch bis in die dreißiger Jahre des 20. Jahrhunderts der Ortsname
„Wendisch-Linda" hin. Auch wird der Familienname „Wendt" ganz alte
Wurzeln haben. Zwar wurden die Wenden durch die Sachsen, die um das Jahr
1.000 über die Elbe kamen, nach und nach verdrängt. Aber dies geschah
nicht nur kriegerisch, sondern es gab auch über lange Zeit ein
friedliches Nebeneinander in den Dörfern und einen kulturellen
Austausch. Martin Luther fand im Jahre 1528 bei seinem Besuch das
Sprechen des Vater Unsers in wendischer Sprache vor; und noch 1620
werden im Jessener Kirchenbuch drei wendischsprachige Einwohner
verzeichnet. 
Eine dritte Volksgruppe wanderte im 12. Jahrhundert ein: Die Fläminger,
nach denen die Landschaft im Norden benannt ist. Das Gebiet war durch
anhaltende Kämpfe stark entvölkert worden, so dass Albrecht der Bär von
Brandenburg und sein Freund, der Bischof Wichmann aus Magdeburg,
miteinander beschlossen, Flamen anzusiedeln. Sie kamen aus dem Gebiet
des heutigen Belgien und Holland in grossen Trecks und brachten Sprache,
Handwerk und Kultur mit. Der „Pool" - schon dieses Wort erinnert an sie,
auch das „laken". Ein Pastor „Ulricus" ist 1195 für Oehna verzeichnet:
für Linda und Neuerstadt gehen die Akten nicht so weit zurück, weil sie
durch Brände und Kriegshandlungen zerstört wurden. Eine Kirche wird
Linda mindestens seit dieser Zeit gehabt haben. Ihre Grundmauern sind
noch erhalten. Ein Indiz aus ganz alter Zeit ist die Tür an der
Südseite: ein Merkmal der alten Feldsteinkirchen auf dem Fläming. Sie
wurde später zugunsten des Westeingangs zugemauert, ist aber noch
deutlich zu erkennen. Heute steht an dieser Stelle das Mahnmal für die
Opfer des Krieges.

Linda war von alters her eine Filialgemeinde, also eine „Tochter" der
Pfarrei Stolzenhain. Neuerstadt hat in alter Zeit einmal zu Schweinitz
gehört. Das Dorf ist ganz anders angelegt: ein Strassendorf; und auch
der Name lässt darauf schließen, dass es eben keine alte wendische
Siedlung war, sondern von den „Neuankömmlingen", den Sachsen oder gar
den Flamen, gegründet wurde. Nach einer alten Legende sollen es sieben
Landsknechte gewesen sein, die ihre Schwerter zu Pflugscharen
umschmiedeten und hier ein friedliches Leben begannen.

Zum Beginn des 16. Jahrhunderts kamen Linda und Neuerstadt zu
Kursachsen. Der Kurfürst war in Wittenberg zuhause, einer der
mächtigsten Männer im Heiligen Römischen Reich Deutscher Nation, der den
Kaiser „küren", also wählen konnte und ihm - das war eine besondere Ehre
- das Schwert vorantrug, wenn er zum Reichstag einzog. Kurfürst
Friedrich der Weise kaufte das Land und die Dörfer und errichtete Ämter.
Daran erinnern die alten Amtshäuser in Annaburg, Seyda und Schweinitz.
Neuerstadt und Linda gehörten zum Amt Schweinitz. Das Amt hatte
insbesondere die Aufgabe, durch Abgaben (Feuerholz, Hähnchen, Eier...)
und Dienste die kurfürstlichen Witwen auf der Lichtenburg zu ernähren. 
Durch die Zugehörigkeit zu Kursachsen kam es, dass Martin Luther bei den
ersten evangelischen Kirchenvisitationen im Jahre 1528 auch Linda und
Neuerstadt besuchte. Er wollte - gemeinsam mit seinen Freunden -
schauen, was denn aus der Reformation der Kirche, die am 31. Oktober
1517 mit dem Thesenanschlag begonnen hatte, auf den Dörfern im Kurkreis
geworden war. Er fand schlimme Verhältnisse vor. Die Leute hatten die
evangelische Freiheit missverstanden und meinten, sie brauchten nun
nicht mehr in die Kirche gehen, weil sie ja alles „aus Gnade" von Gott
geschenkt bekämen. Luther selbst predigte ihnen das Evangelium und
erweckte die Herzen neu zum Vertrauen auf Jesus im Leben und im Sterben. 
Nach seinen Erlebnissen bei dieser Visitation schrieb Martin Luther den
Kleinen Katechismus „für Haus, Schule und Kirche" und den Grossen
Katechismus „für die Pfarrherren". Er erklärte darin mit einfachen
Worten die Kernstücke des christlichen Glaubens. Über Jahrhunderte
kannten die Menschen in Linda und Neuerstadt die Stücke des Kleinen
Katechismus auswendig. Immer wieder wurde er vom Lehrer, vom Pastor und
auch vom „Hausvater" daheim abgefragt. Bis heute ist er in jedem
Evangelischen Gesangbuch zu finden (Nr. 806). Ein Beispiel:

Die vierte Bitte
Unser tägliches Brot gib uns heute!
Was ist das?
Gott gibt das tägliche Brot auch ohne unsere Bitte allen bösen Menschen;
aber wir bitten in diesem Gebet, 
dass er´s uns erkennen lasse
und wir mit Danksagung empfangen
unser tägliches Brot.
Was heisst denn tägliches Brot?
Alles, was not tut für Leib und Leben,
wie Essen, Trinken, Kleider, Schuh, Haus, Hof, Acker, Vieh, Geld, Gut,
fromme Eheleute, fromme Kinder, fromme Gehilfen, fromme und treue
Oberherren, gute Regierung, gut Wetter, Friede, Gesundheit, Zucht, Ehre,
gute Freunde, getreue Nachbarn und desgleichen.

Durch die Visitationskommission wurden die kirchlichen Verhältnisse auch
für Linda und Neuerstadt neu geordnet. 
So kam Neuerstadt aus der Pfarrei Schweinitz zu Stolzenhain, um die
Entfernung zur Muttergemeinde zu verkürzen. Es wurde nämlich geklagt,
dass Neuerstadt (und auch Reicho und Kunsdorf) „niemals von dem Pfarrer
besucht werden" und die Leute auch nur selten zum Gottesdienst kommen. 
(Aus den Visitationsakten, in: Zeitschrift für Kirchengeschiche 1939,
Seite 14)
Fortan ging der Weg zur Kirche nach Stolzenhain, auch unzählige Schüler
und Konfirmanden sind ihn zum Unterricht gegangen, bis in das letzte
Jahrhundert hinein. Es gab einen „Kirchweg" - der heute nicht mehr
existiert; drei Kilometer war die Strecke lang, und auf der Hälfte kamen
die Hartmannsdorfer dazu. 
Der alte Pfarrer Wallroth hat in seinem „Abriss einer Chronik des
Pfarrsprengels Stolzenhain" 1937 geschrieben:
„Bereits 1575 wird vom Pfarrer Martinus Sarmundt, der vier Kinderlein
hatte, in einer in Wittenberg abgeschriebenen Aufstellung bemerkt, daß
zum Pfarrlehen Stolzenhain gehören: Naustadt, Lindow, Horst,
Steinsdorff. Er bezeichnet sich als „des Vorigen Pfarrherrn Sohn", in
welch letzterem wir also den ersten evangelischen Pastor zu sehen
haben."

Nach der ersten evangelischen Kirchenvisitation aus dem Jahre 1528 gab
es regelmässig wieder welche, deren Akten Aufschluss geben über das
Leben in den Dörfern - wenn auch dort meistens die Dinge genannt werden,
die negativ aufgefallen sind, wie Kirchenschlaf oder rauhe Sitten. So
wird für Stolzenhain 1602 festgestellt, dass es „vor dem Kirchgang bei
Hochzeiten große Sauferei" gegeben haben soll. Die Wirkungen kann man
sich ausmalen. 
(Aus den Visitationsakten, in: Zeitschrift für Kirchengeschiche 1939,
Seite 84)
Manche ernste Ermahnung schien den Pfarrern nötig, wie aus der
Aufzählung der folgenden Pfarrer hervorgeht: „Auf Sarmundts Sohn folgte
Johann Ridius als Pfarrer, danach Nicolaus Matth (oder Matthäus
Nicolaus?), „der Böse" genannt wegen seiner ernsten Strafpredigten,
danach Petrus Stulerus." (Wallroth, Abriss 1937).

Die Pfarrer in Stolzenhain können nicht ganz lückenlos nachgewiesen
werden, insbesondere im Dreissigjährigen, „Grossen" Krieg, der unsere
Gegend besonders grausam heimsuchte:
„Christianus Clarus ragt dann schon in die Zeit des Großen Krieges
hinein, und mit Janus Jacobus Wiedner betreten wir festen Boden.
Amtsantritt war, nach einer alten Aufzeichnung hinten im Taufbuch von
1789-99, das Jahr 1590 für Ridius, 1615 für Stulerus, vordem
Archidiaconus zu Cöln, 1620 für Clarus, vordem Pfarrer zu Grassau, 1632
für Wiedner, vordem zu Mügeln. Er durchlebte mit den Gemeinden die
Schreckenszeit nach dem Prager Frieden (1635), wo Kursachsen von der
evangelischen Sache abgerückt war und 1636 zur Strafe von dem
schwedischen General Baner verwüstet wurde. Damals sank die Kirche zu
Linda in Trümmer, mitsamt dem Dorf; die Mühle und insgesamt vier Häuser
ausgenommen. Nur die Mauern und gotische Fensterhöhlen blieben aus der
katholischen Zeit damals stehen." (Wallroth, Abriss 1937).

Das war eine besonders leidvolle Zeit für die Menschen in Linda und
Neuerstadt! Viele Dörfer verschwanden ganz. Auch das Pfarrarchiv wurde
zerstört, weshalb die ältesten Schriftstücke erst aus dieser Zeit sind
(1658).


Ein „Extract" aus dem 1636 angefangenen Trauungs- Register:
„In diesem Jahre, den 27. April, ist Gorss Riettorff, Wittwer, Schneider
und Gärtner zu Stoltzenhayn, copuliert mit Jungfrau Marien, Hansen
Göhlssdorffs zur Linda eheleiblicher Tochter. Hierauff sind nun die
Plünderungen angegangen, als am Ostern sind die Schwedischen zu Jügerbog
eingefallen. Drey Wochen nach Ostern kamen die Hatzfeldischen, so
Magdeburg dies seit bloquirtet, futteraschiren, welches gewehret bis
auff Johannis Baptistas, da man zu Hause sich wieder durfte sehen
lassen, nachdem Magdeburg erobert worden.
Anno 1637 bald nach dem neuen Jahre, nach Eroberung der Stadt Torgau,
ist eine general Plünderung angangen, dass niemands sicher gewesen, und
sich dürffen sehen lassen, bis drey Wochen nach Johannis Tag, da man
sich wieder in Dörffern hat sehen lassen, darauf die grosse Staupe,
Pestillenz, Haupt Kranckheit und andere Kranckheiten grassirten.
Anno 1638 nach dem grossen Sterben sind sehr viel proclamiret und
copuliret worden, und darunter auch in Steinssdorff Domini Sexagesimae
Andreas Schültzken, ein Wittwer, mit Frau Greta aus der Schlesien von
Brück bürtig, so zuvor einen Soldaten gehabt, der zu Zerbst auf dem
Keller erstochen worden.
1647 den 21. April ist Michael Kuhl in Neuerstadt, da er von seinem
vorigen Weibe Gretschen zu Wittenberg loss gesprochen, mit Jungfrau
Marien, Jürge Kuhlen selig zu Stoltzenhayn leibliche Tochter copuliret
worden. Eodem anno (im selben Jahr) den 1. August ist Peter Schültzken,
mit Hannss Richters Weib, Margrita Zidlerin, so von ihrem Mann zu
Wittenberg loss gesprochen worden, getrauet worden, und 8 Wochen nach
der Copulation (ist sie) eines Kindes genesen.
Anno 1649 den 3. Juni ist zu Stoltzenhayn Walther Wiedner, des Pfarrers
Sohn, mit Jungfer Elisabeth, Hansen Eulens, gewesenen Richters in
Steinssdorff, hinterlassenen Tochter, copuliret worden. Jährlich
getrauet sind in selbiger Zeit: Anno 1636: 5 Paar, 1637: vacat; 1638:
32; 1639: 3; 1640: 1; 1641: 1; 1642: 2; 1643: 2; 1644: 1; 1645: 5; 1646:
2; 1647: 3; 1648: 4; 1649: 4; 1650: 7; 1651: 1; 1652: 7; 1653: 3; 1654:
5; 1655: vacat; 1656: vacat; 1657: 1; 1658: 1; 1659: 1; 1660: 1; 1661:
5; 1662: 2; 1663: 4; 1664: 1; 1665: 2; 1666: 3; 1667: 3; 1668: 3; 1669:
2; 1670: 2; 1671: 5; 1672: 4.-
Extract aus dem SterbeRegister, auffgerichtet Anno 1637 und 1638, nach
der general Plünderung und grossem Sterben.
Zu Stoltzenhayn sind aus dem Gericht gestorben: Augustin Hentzen selige
Witwe, so mit dreyen Kindern mehr vor Hunger als vor Kranckheit
gestorben. Aus dem Krieg sind gestorben: der Wirth Jürge Schüler, so mit
seinem Sohne, Osswald Schüler, zu Schweinitz in der Elster ersoffen,
darin sie im Brand von den Schwedischen gejagt worden. Der andere Sohn
Jürge ist von den Kayserlichen hinter der Pfarrer erschossen worden. Aus
Thomä Hornigks Scheunen ist er selbst, der Wirth, an der Pest gestorben.
An Hannss Kuschmanns Hause ist gestorben an der Haupt Kranckheit die
Frau mit Nahmen Agnes. Aus Jürge Riebischen Güthlein sind gestorben:
Jürge Wille an der Schwulst, it(em) sein Sohn Jürge an der Pest, it(em)
noch ein Kleiner. Hierauf ist auch gestorben Hannes Hornigk und sein
Weib im Pusch. Aus Jürge Hentzen Hause ist gestorben: Michael Brumme mit
seinem Weibe an der Haupt Kranckheit und Geschwulst, it(em) seine
Schwester an der Schwulst. Aus Schneiders Häussgen sind gestorben: der
Schneider Gorss Riettorff, so zu Jüterbog von den Schwedischen
erschossen worden, it(em) seine zwei Töchter und noch ein Kind, eines
Jahres alt. Aus Andreas Wache Güthgen sind gestorben: Martin am Ende an
der Haupt Kranckheit, ein Haussmann, it(em) Wache Kindt. Aus Andreas
Golms Hause ist gestorben die Frau, Walen genannt, mit zwei Mägden, so
an der Pest gestorben. Aus Michel Hauchwitzen Hause sind an der Pest
gestorben: Paul Tietzen Weib mit einem Kinde, it(em) Hanns Wache zwey
Kinder, und dem Wirth zwey Kinder. Aus Andreas Wolgemuths Guthe sind
gestorben: Er, der Wirth, mit einem Mägden, it(em) die Hausfrau, alte
Elsa genannt. Aus Hannss Pladers Haus sind gestorben an der Pest die
Frau und die Magd. Aus Peter Meissners Haus sind gestorben: Er, der
Wirth, it(em) Hanns Henrich von Mügel, sein Eydam. Ein Sohn Peter ist
von den Schwedischen weg genommen und noch nicht wieder gekommen. Aus
Hanns Richters Haus ist gestorben: der Wirth mit 2 Kindern, it(em) der
Knecht, die Hausfrau an der Pest. Aus Jürge Riebischen Guth ist
gestorben: der Wirth mit seiner Tochter Gerda, it(em) 2 Jungen an der
Schwulst. Aus Simon Kuschmanns Haus ist gestorben: seine Frau, Anna
genannt, it(em) sein Söhngen mit 2 Mägden, so alle an der Pest
gestorben.
Aus Neuerstadt. Aus dem gerichte sind gestorben: der Richter, Osswald
Richter, mit seiner Frau und einem Kinde, it(em) der Junge und die Magd,
alle an der Pest. Sein Toffel ist von den Kayserlichen mitgenommen und
soll noch wieder kommen. Aus Toffel (=Christoph) Lorentzens Haus ist
gestorben der Wirth mit einem Kinde an der Pest. Aus Peter Lehmanns
Gehöffte ist der Wirth gestorben, die Frau, der Hausmann mit der Frau,
Linigen genannt, mit einer Tochter, und einem Jungen, die von Hunden
aufgefressen worden. Aus Andreas Lehmanns Gehöffte ist der Wirth an der
Haupt Kranckheit gestorben mit der Frau und Mägden. Aus Martin Richters
Haus ist gestorben der Sohn, so vom Weinberg kranck heim kommen. Aus
Hannss Lehmanns Haus ist gestorben and er Pest: Er, der Wirth, die Frau.
Der Sohn ist erschossen worden. Aus Urban Hähnen Haus ist der Sohn
gestorben.
Aus Lindo ist gestorben der Richter Michel Gölssdorff mit einem Mägden.
Die grosse Tochter hat sich sehr verbrannt, davon sie sterben müssen.
Der alte Gölssdorff ist von den Schwedischen erhauen, und ohne Kopf
gelegen, auch fast gar von Hunden und Schweinen gefressen worden. Seine
Frau Maria ist an der Pest zu Arnssdorff gestorben. Ein Kind ist zu
Lindo gestorben. Hernach werden noch viel nahmhaftig gemacht, die im
Dorffe gestorben, allein es steht nicht dabey, ob sie an der Pest, oder
durch Hunger umkommen. Doch sieht man soviel, dass der Ort ziemlich
damahls von Einwohnern muss entblösst worden seyn.
Aus Steinssdorff sind gestorben: der alte Richter Eule mit seinem Weibe,
der alte Simon Richter mit seinem Weibe. Hierauff werden noch viel
gestorbene specificiret, auch heist es: Valtin Zidlers 2 Söhne und 2
Töchter, it(em) der Tochter Mann Barthel Fleck sind im Pusch erschossen
worden. Am Ende steht überhaupt von allen diesen, dass sie theils
verhungert, theils an der Pest gestorben. Etliche wären nach Lindo
begraben, etliche zu Steinssdorff auffm Kirchhoff, die meisten lägen vor
dem Dorff in der Trift begraben.
Aus Horst werden viel gestorben nahmhaftig gemacht, und man sieht, dass
sonderlich hier Anno 1638 die Pest stark grassiret, und Kinder und
Erwachsene hingerissen. Aus Paul Puhlmanns Hause ist der Wirth um
Mitfasten erschossen worden. Anno 1639 ist Paul Wache gestorben, it(em)
Ralisch Girtsche, Martin Tietze, etc., die alle vor Hunger gestorben,
als die Armee bey Jüterbog auff Lucka gangen, da alle Hunde sind
auffgefressen worden. Anno 1638, den 1. Maji ist der alte Männichen von
Neuerstadt ehrlich begraben worden, so 100 Jahr alt gewesen. Den 14.
Maji ist der allte Galle Wesche zu Steinssdorff ehrlich begraben worden,
so au ch bald auff 100 Jahr gelebt. 1652 ist Hannss Tietze, der
Windmüller, so in der Lehn Kaute verfallen, ehrlich zur Erde bestattet
worden."

Über grosse materielle Schäden berichtet zum Beispiel eine Seite aus dem
alten Stolzenhainer und Lindaer Kirchenrechnungsbuch:
„Demnach von 1636 Jahr wegen der Kriegs Unruhen zu Stoltzenhayn keine
Kirchen Rechnung gehalten worden... Zum Pfarrinventario hat auch gehöret
ein alter Tisch, so von Soldaten verbrandt worden. Sonst ist nichts
übrig geblieben als ein alter KeßelHacken, so vorhanden. Der Kelch, so
Churfürstliche Durchlaucht zu Lichtenburg post mortalem (nach dem Tode)
zum Gedechtniß der Kirchen verehret, ist neben des Pfarrs Sachen zum
Jeßen bey dem Herrn Caplan von Soldaten genommen worden. Die Synodal
Decreten sambt andern büchern, zur Kirchen gehörig, sindt aus der
Kirchen von Soldaten genommen worden, wie solches in des Herrn
Superintendenten Protocoll zu befinden..." 
An gleicher Stelle wird noch einmal ausführlich über den Richter von
Linda, dessen Amt dem des Bürgermeisters vergleichbar war, berichtet:
„Michael Gölßdorff, der Richter zu Lindo", ist aber diß Jahr von den
Kayserischen zu todt gevettelt vndt ohne Kopf gefunden worden. Die Witwe
sollte nach der Schwedischen Plünderung die gelder ersetzen, ist aber an
der pest gestorben, vndt andere haben ihre pfennig zu sich genommen."
Und es wird von weiteren Einwohnern berichtet, auf deren Wirtschaften
„alles todt" ist oder der Güter wüst liegen. Namentlich werden genannt:
Oßwald Lütze zu Lindo, Hans Kuhl, Jacob Hornigk, Barthel Wille. 
Das zeigt, dass es in diesen schlimmen Jahren für die Lindaer und
Neuerstädter weder Freund noch Feind gab, sondern die Soldaten aller
Richtungen plünderten, misshandelten und brandschatzten ohne
Unterschied.

Ein Augenzeuge und Leidensgenosse dieser Zeit ist Paul Gerhardt gewesen.
Er ist in Gräfenhainichen geboren, wurde dann Hauslehrer und Pfarrer in
Berlin und später in Lübben. Vier Kinder hat er verloren. Seine Lieder
gehören noch heute zu den beliebtesten in unseren Kirchen, auch in
Linda: „Geh aus mein Herz und suche Freud", „Wenn ich einmal soll
scheiden", „Die güldne Sonne", „Ich bin ein Gast auf Erden":

„Ich bin ein Gast auf Erden und hab hier keinen Stand;
der Himmel soll mir werden, da ist mein Vaterland.
Hier reis ich bis zum Grabe; dort in der ewgen Ruh
ist Gottes Gnadengabe, die schließt all Arbeit zu.

Was ist mein ganzes Wesen von meiner Jugend an
als Müh und Not gewesen? Solang ich denken kann,
hab ich so manchen Morgen, so manche liebe Nacht
mit Kummer und mit Sorgen des Herzens zugebracht.

Mich hat auf meinen Wegen manch harter Sturm erschreckt; Blitz, Donner,
Wind und Regen
hat mir manch Angst erweckt; Verfolgung, Haß und Neiden, ob ich´s gleich
nicht verschuld´t, hab ich doch müssen leiden und tragen mit Geduld.

So ging´s den lieben Alten, an deren Fuß und Pfad
wir uns noch täglich halten, wenn´s fehlt am guten Rat;
sie zogen hin und wieder, ihr Kreuz war immer groß,
bis daß der Tod sie nieder legt in des Grabes Schoß.

Ich habe mich ergeben in gleiches Glück und Leid,
was will ich besser leben als solche großen Leut?
Es muß ja durchgedrungen, es muß gelitten sein;
wer nicht hat wohl gerungen, geht nicht zur Freud hinein. 

So will ich zwar nun treiben mein Leben durch die Welt,
doch denk ich nicht zu bleiben in diesem fremden Zelt.
Ich wandre meine Straße, die zu der Heimat führt,
da mich ohn alle Maße mein Vater trösten wird."

Neben den Katastrophen durch Menschenhand gab es auch viele
Naturereignisse, Krankheiten und Feuer, die den Lindaern und
Neuerstädtern zu schaffen machten. So ist es nicht selten, daß die
Hälfte der geborenen Kinder noch im zarten Alter wieder starb. Oft
brannte es, und durch die vielen strohgedeckten Häuser und Scheunen
konnte sich das Feuer dann „wie ein Lauffeuer" ausbreiten. Bis in unser
Jahrhundert hinein gab es die Strohdächer.

Erst im Jahre 1691 konnte die bis auf die Mauern zerstörte Kirche in
Linda wieder aufgebaut werden. (Die Zahl lässt sich gut merken, kann man
sie doch von oben und unten gleichzeitig lesen: I69I.)
Die Lindaer selber setzten sich sehr für den Kirchenbau ein. Auch andere
Gemeinden halfen, so zum Beispiel die Steinsdorfer, deren Kirche auch
zerstört war, und die sich zunächst geweigert hatten:
„Sie wollten offenbar nicht mit bauen in Linda, das sozusagen ihre
Mutterkirche gewesen und nun, dank dem energischen Kirchvater Wache,
wieder werden sollte und ward! Unter den insgesamt 182 Reichstalern, 17
Groschen und 1 Pfennig Einnahme der Lindischen Kirchbaurechnung 1690/2
sind unter anderem 48 Reichstaler von Linda, 17 Reichstalern und 15
Groschen von Steinsdorf, das nach wie vor ein Viertel der Lindischen
Kirchenlasten zu tragen hatte, infolgedessen an der eigenen Kapelle -
die im Umriß wohl gleich der heutigen Kirche war - wenig oder nichts tun
konnte... 
Unter den Ausgaben für den durch eine Inschrift hinterm Altar verewigten
Neuaufbau ihres Gotteshauses buchen die Lindaer gewissenhaft auch das
Schwein im Preise von einem Reichstaler und 16 Groschen, das sie,
gemästet natürlich, bei der „Richtung" verzehrten." (Wallroth, Abriss
1937; .die Inschrift existiert heute nicht mehr).

Und was haben die Lindaer ohne benutzbare Kirche gemacht? In den
Kirchenbüchern kann man lesen, dass Pfarrer Johannes Möbert, vordem in
Löben, der von 1673 bis 1690 amtierte, in Linda gar keine Kirche hielt,
mit der Begründung, dort würden zu wenig Menschen wohnen!
Die Lindaer sind also in jenen Jahren zur Kirche nach Stolzenhain
gegangen. Alle jedoch werden das auch nicht so ganz regelmässig getan
haben, denn der Pfarrer Christian Schubart, der 1690 sein Amt antrat,
wurde bald nach seinem Amtsantritt vom Stolzenhainer Richter 
(=Bürgermeister) Winter verklagt „wegen maßlosen Scheltens in der
Predigt gegen die Sabbathschänder" (also die, die am Sonntag arbeiten,
statt in die Kirche zu kommen). Weiter heisst es von ihm: „Er hielt
überhaupt auf strenge Zucht", was nach dem Grossen Krieg, der auch eine
Verrohung der Sitten brachte, wohl dringend nötig war.
Von den folgenden zwei Pastoren Christophorus Wegert (1714-1729) und
Heinrich Gottlieb Wagner (1730-1756) kann man noch die alten Grabsteine
an der Stolzenhainer Kirche finden!
Pfarrer Wagner schrieb aus dem von ihm „den Motten und Kakerlaken"
überlassenen ersten, von Wiedner 1636 begonnenen Kirchenbuch das
Wesentlichste ab, wo es heute noch vorn im Traubuch zu lesen. (Wallroth,
Abriss 1937).

Die Kirche wurde also im Jahre 1691 auf den Mauern der alten Kirche, die
dort vermutlich seit dem 12. Jahrhundert stand, gebaut. Auf dem Dach
hatte sie einen Turm, der jedoch bald durch ein Unglück zerstört wurde:
„Im Jahr 1737 brannte der auf der Kirche von 1691 befindliche Turm ab;
der Ahlsdorfer Hannß George Boge rettete unter Lebensgefahr das
Kirchengebäude, aufs Dach kletternd, wofür ihm 16 Groschen auf Verlangen
gegeben sind. Damals erbaute man einen Glockenturm neben der Kirche, der
1824, wie auch die Wetterfahne verrät, ganz erneuert ist. Glocken hatte
Linda von jeher mehrere, deren eine die Rechnung 1733/34 genau
beschreibt bei ihrem Kauf; versehentlich setzte Stuckgießer Weinholdt,
Dreßden, „Stolzenhain" statt „Linda" drauf." (Wallroth, Die Kirche in
Linda 1937)
Diese Glocke musste im Ersten Weltkrieg, wie auch in vielen anderen
Kirchen, für den Bau von Panzern und Munition abgegeben und
eingeschmolzen werden. 
Von der anderen alten Glocke fehlt die Beschreibung. 1923 und 1924
wurden zwei neue angeschafft, jedoch kam es im Zweiten Weltkrieg wieder
zur Abgabe von Glocken.

Bemerkenswert bei der Ausstattung der Kirche in Linda sind die drei
Ölgemälde, die früher untereinander am Altar angebracht waren, wie auch
das alte Foto vom Beginn des 20. Jahrhunderts zeigt. Leider sind die
Bilder stark verdunkelt, so dass es schwer ist, sie zu fotographieren.

Ganz unten, in der „Predella", ist die Abendmahlsszene vom
Gründonnerstag dargestellt: Jesus sitzt mit seinen Jüngern am Tisch und
feiert das Mahl, im Angesicht dessen, was er vor sich hat: Jenes Mahl,
was am Altar der Kirche und auch an manchem Kranken- und Sterbebett
durch die Zeiten hindurch immer wieder gefeiert wurde und wird: das uns
mit Jesus verbindet, uns stärkt auf dem Weg durch das Leben und uns
Hoffnung gibt auf sein Reich, das einmal kommen wird und wo alle, die zu
ihm gehören, in Frieden und Freude an seinem Tisch sitzen werden. 

Das Bild in der Mitte zeigt die Kreuzigung: Das, was Jesus für uns getan
hat: sein Leben hat er eingesetzt für uns. Unter dem Kreuz stehen Maria,
seine Mutter, und Johannes, sein Jünger. 



Auf dem oberen Bild kann man die Auferstehung sehen: Jesus, der
gestorben und begraben war, ist nicht im Tod geblieben, sondern Gott hat
ihn auferweckt, ihm ein neues Leben geschenkt, das nicht aufhört. Jeder,
der zu ihm gehört, kann das auch haben. Wenn man genau hinschaut, sieht
man die Soldaten, die das Grab bewachen, in den Rüstungen der
Landsknechte des 17. und 18. Jahrhunderts. Ein Spiess will Jesus
erreichen - und kann es doch nicht mehr.
Die Bilder, die früher kunstvoll von Schnitzwerk umrahmt waren, hängen
heute an der Wand. Der Gemeindekirchenrat überlegt jedoch, ob man sie
wieder sichtbar in den Altarraum bringen kann, um diese zentralen Stücke
des Glaubens auch auf diese Weise recht zur Geltung zu bringen.



Das Bild lässt noch mehr erkennen: eine Nordempore war in die Kirche
eingebaut, damit auch alle Platz finden können; die Kanzel war erhöht,
der Taufstein stand in der Mitte. In den Querbänken hatten die
Kirchenältesten ihre Sitze. Links neben dem Altar steht ein Tragekreuz,
was bei Beerdigungen dem Leichenzug vom Haus des Verstorbenen bis zum
Friedhof vorangetragen wurde. 

Ein besonderer Schatz der Kirche ist die Orgel, die 1833 erbaut wurde,
eine Schleifladenorgel. Mit ihrem Klang hat sie die Lindaer über
Generationen durch Freud und Leid begleitet.

Die Neuerstädter hatten (bis 1998) in Stolzenhain ihre Kirche, auch dort
ihren „Stuhl", der in alten Zeiten den entsprechenden Familien und ihrem
Gesinde reserviert war und der jährlich bezahlt werden musste - zum Teil
noch bis zum Zweiten Weltkrieg! Den besonderen Platz auf der Empore
hatte wohl auch einmal ein Amtmann Nethe aus Neuerstadt inne.

Alle Pfarrer aufzuzählen, die in Stolzenhain, Linda und Neuerstadt
gewirkt haben: das wäre zu viel. Aber exemplarisch sei einmal von einem
berichtet:
„Gotthelf Benjamin Jabin (1788-1811), dessen selbstgeschriebener
Lebenslauf noch vorhanden ist, war zuvor Diaconus in Seyda; seine erste
Frau hinterließ bei ihrem im Jahre 1800 erfolgten Tode vier unversorgte
Kinder, denen er eine neue Mutter gab; die verlor ihn ihrerseits am 12.
Mai 1811. An diesem, für die Bestattung der Lehrerwitwe Winkel aus
Steinsdorf in Linda angesetzten Tage erlag er um 3 Uhr im Hause des
Pfarrbauern Wendt in Linda (Nummer 5) einem Schlaganfall. Jene
Beerdigung war nun ganz still, nur mit Gebet. Er wurde später gerühmt
als großer Blumenfreund, der den Kirchgängern aus seinem Blumengarten
schöne „Husche" reichte und mit jedermann freundlich war. Die Nachricht
von seinem Tode habe, berichtete der Pfarrmeier Fritzsche, seine
(zweite) Frau sehr ruhig aufgenommen: Sie habe gar keine Anstalten
gemacht, nach Linda zu eilen. Hierbei sei vermerkt, daß sich bereits um
1730 Pfarrmeier vorfinden, die in dem Häuschen wohnten, das später nur
noch als Waschhaus der Pfarre benutzt und wegen seiner Baufälligkeit im
Herbst 1935 durch Neubau ersetzt ward." 
In diesem kurzen Bericht sind auch einige wirtschaftliche Daten
enthalten: Die Pfarrbauern bewirtschafteten das Land, was zur Pfarre
Stolzenhain gehörte. So hatte es einmal Ludwig der Fromme, der Sohn
Karls des Grossen, festgelegt: Zu jeder Pfarre sollten vier Hufen Land,
das sind ca. 32 Hektar, gehören. Von deren Einkünften sollte der Pfarrer
leben. Diese 32 Hektar lassen sich bis heute nachweisen, da das Land
nicht verkauft werden durfte - es gehört ja auch den folgenden
Generationen und hat diesen Zweck. Daneben gibt es Kirchenland, was
einmal gestiftet worden ist, um die Kirche zu erhalten. Davon hat die
Gemeinde jedoch nicht viel, ein Stück Wald. In manchen Zeiten hat der
Pfarrer die Bewirtschaftung der Flächen auch selbst vorgenommen. Ein
„Pfarrmeier", wie oben genannt, war dann sein Verwalter. Der letzte
Stolzenhainer Pfarrer, der hier selbst - in gewissem Umfang -
Landwirtschaft betrieb, war Ferdinand Schweitzer (1869-1893).

Von alters her war um die Kirche herum auch der Friedhof angelegt:
Lebende und Tote gehören bei Gott zusammen, und wer zur Kirche ging, kam
zunächst an den Gräbern vorbei und wurde an seine Lieben und an seine
eigene Endlichkeit erinnert. Einige alte Grabsteine sind noch von jenem
alten Kirchhof erhalten, deren fromme Inschriften die Kraft unseres
Gottes beschreiben: „Die Liebe höret nimmer auf!" und „Auf Wiedersehen!"
„Der neue Kirchhof, am 22. Februar 1912 in Benutzung genommen, ist - auf
Anordnung der Behörden - in kirchlichem Eigentum, doch gab die Gemeinde
Linda dazu das Land. Alle Reparaturen hat man hier wie in Stolzenhain
und Steinsdorf bis gegen 1900 aus dem „Ärar", das heißt immer
„Kirchenärar" oder durch Umlage nach dem Mannschaftsfuß aufgebracht. Den
haben wir für die gemeinsamen Ausgaben, wofür ich ihn noch vorfand, zum
1. April 1936 ersetzt durch die Formel: Stolzenhain: Linda: Steinsdorf =
6:3:1, dies besonders durch Lindas Entgegenkommen und auf Steinsdorfs
jahrelanges Drängen." so schreibt es Pfarrer Wallroth 1937. (Wallroth,
Die Kirche in Linda, 1937).
Es gab also eine Kasse von Staat und Kirche für die gemeinsamen Belange.
In Neuerstadt wurde am 2. Februar 1913 ein Kommunalfriedhof angelegt,
bis dahin wurden die Toten in Stolzenhain beerdigt.

Im Pfarrarchiv Stolzenhain sind sie alle verzeichnet: Die Kirchenbücher
gehen bis auf das Jahr 1658 zurück. Viel Freude kann man dort finden:
von Kindstaufen, Konfirmationen und Hochzeiten, aber auch
Beerdigungsnachrichten; von Leid und erfülltem Leben berichten die
Bücher.
Der Pfarrer Ernst Schlaaff (1844-1856) legte ein „Familienregister" des
Pfarrsprengels (ab Juni 1844) an. Es enthält neben mancherlei
chronistischen Notizen über Kirche und Pfarre die Pläne der Orte mit
allen Häusern und die jeweiligen Bewohner durch die Zeiten hindurch.

Einen grossen Teil der Akten nehmen die Schulunterlagen ein, war doch
die Kirche für den Unterricht verantwortlich. Der Pfarrer ist
Schulinspektor und Schulverbandsinspektor gewesen. Besonders
bemerkenswert sind im Pfarrarchiv die oft mehrseitigen Abhandlungen der
Konfirmanden, worin sie ihren Lebensweg, ihre Glaubensüberzeugung und
ihre Sicht auf die Zukunft in Schönschrift niederschrieben (1860-1909).
Das alte Schulhaus in Linda steht mitten im Winkel, gegenüber der
Kirche; die Kinder aus Neuerstadt gingen in Stolzenhain zur Schule.

Auffällig bei der Durchsicht des Archives ist auch die Hilfe für
Notleidende durch die Gemeinde, die in allen Zeiten durch die Akten
widergespiegelt wird: Angefangen von den ältesten bekannten Nachrichten
(„Milde Stiftungen ab 1658", Archiv Nr. 11,08) über die nach einem
Stolzenhainer Pfarrer benannte „Winterstiftung" (1880-1948; Archiv Nr.
12,08; 12,2; 37,4) bis hin zur Flüchtlingshilfe und den „Notgroschen"
nach dem Zweiten Weltkrieg (Archiv Nr. 27,06). Lichtblicke mitten im
Leid, tätige Nächstenliebe trotz eigener Not!

Zur grossen Weltgeschichte sei bemerkt, dass August der Starke ganz in
der Nähe, in Glücksburg, ein Jagdschloss bauen lies; dazu hier auch
Glas- und Porzellanherstellung betrieb. Napoleon soll auf der Strasse
von Dahme nach Seyda gezogen sein; die Legende sagt, er habe zwischen
den beiden Kirchtürmen auf dem Rückzug einen Schatz vergraben - so wurde
es oft bei dem Aushub für einen Neubau in Linda erzählt. Napoleon war
bei den Schlachten in Dennewitz, bei Gadegast und Wartenburg mit Sachsen
verbündet, was mit ihm gegen Preussen und Russen verlor. Deshalb kam ein
grosses Stück Sachsen nach Preussen. Auch Linda und Neuerstadt gehörten
nach dem Wiener Kongress 1815 zur preussischen Provinz Sachsen mit jenen
Grenzen, die noch heute mit denen unseres Kirchengebietes, der
„Kirchenprovinz Sachsen", fast identisch sind: vom Spreewald bis ins
Eichsfeld, von der Altmark bis nach Suhl. Der preussische König
Friedrich Wilhelm IV. führte 1817 den schwarzen Talar und das Beffchen
ein: die Amtstracht des evangelischen Pfarrers bis heute. Es ist das
Gewand, was Martin Luther als Professor in Wittenberg getragen hat. 

In Neuerstadt sollen noch 1848 alle Häuser in einer Reihe gestanden
haben. Nach einem grossen Brand aber wurde grösser gebaut, und weil nun
nicht mehr alle hinpassten, auch die andere Strassenseite genutzt. Die
Leute nahmen ihre Hausnummern mit, deshalb geht es bis heute mit den
Nummern wohl lustig durcheinander...

Grosse Veränderungen in Linda hat die Eisenbahnverbindung nach Berlin
und Dresden bzw. Leipzig in der Mitte des 19. Jahrhunderts
hervorgerufen. 1886 wurde dazu die Waldbahn Linda - Seyda angelegt:
„60 Waldarbeiter haben den Untergrund hergestellt, um dann die Gleise -
die in 36 Stunden von Bochum kamen - durch 56 Soldaten mit 9
Unteroffizieren und 3 Offizieren zu verlegen. Es handelt sich um 6.600
Zentner Eisen, die damals - welch ein Wandel der Zeit - infolge
ungünstiger Eisenkonjunktur sehr billig zu haben waren (kosteten doch
15.000 Meter Gleise von Gußstahl mit Schwellen, rollendes Material,
Wagen für Lang- und Scheitholz, Personenwagen und Draisine nur 60.000
RM."
(Aus dem Schweinitzer Kreisblatt 1938)
Zur traditionellen Landwirtschaft kamen damit neue Berufe dazu, die
Arbeit bei der Eisenbahn wie auch in entfernteren Orten. Die Aufforstung
(auch des Pfarrwaldes gleich nach 1900) brachte zusätzliche
Arbeitsstellen. Kleinere Betriebe siedelten sich in Linda an.
Ein Bild der Zeit findet sich in den Notizen beim Neubau des Turmes der
Stolzenhainer Kirche, welche ja die Kirche der Neuerstädter war: „Die
Landwirtschaft, schon seit zehn Jahren durch niedrige Getreidepreise in
Bedrängnis, leidet infolge der Industrie; auch in unsrer Gemeinde ist
mitunter ein bedenklicher Mangel an Gesinde - in Stolzenhain befinden
sich augenblicklich nur vier Knechte und fünf Mägde. Dem Herrn sei Dank,
daß bisher die Erneuerung unseres Turms ohne Unfall vor sich gegangen.
Er behüte und bewahre unsere Kirchengemeinde. Möge auch der erneuerte
Kirchturm ihr allezeit eine Mahnung sein, daß sie als ein lebendiger
Baustein sich ins Ganze des Körpers Christi einfüge und immer mehr
wachse in allen Stücken zu dem hin, der das Haupt ist, Christus. Er
ziehe die Herzen in die Höhe und sei ein Wegweiser, der aus der Zeit
hinweist zum ewigen Lichte. Amen." (Schweitzer, Bericht über den
Turmbau, 1900)

Der Zweite Weltkrieg hat auch in Linda und Neuerstadt viel verändert.
Zum ersten Mal seit Generationen war der Krieg wieder in die eigenen
Dörfer zurückgekehrt, es wurde geschossen, geplündert, misshandelt.
Viele Flüchtlinge aus dem Osten kamen, die alles verloren hatten und oft
in der Kirche eine neue Heimat fanden. Die schönen blühenden Büsche um
die Kirche in Linda sind von Umsiedlern gepflanzt worden. 
An die Opfer von Krieg und Gewalt, die Soldaten auf den Schlachtfeldern
und alle, die durch den Krieg Schaden an Leib und Leben nahmen, erinnert
ein Mahnmal, was in der alten Tür auf der Südseite der Kirche eingefügt
ist: „Jesus Christus tröstet und mahnt" steht dort geschrieben. Das
Kriegerdenkmal vor der Kirche konnte erst nach der Wende von 1990 mit
den Daten aus dem Zweiten Weltkrieg versehen werden.

Zum Kriegsende 1945 hatten sich etwa 90 deutsche Soldaten im Wald bei
Linda versteckt. Einer hatte wohl so grossen Hunger, dass er am Abend
auf Linda zulief. Das wurde gemeldet, alle wurden durch die Rote Armee
aufgespürt und erschossen. Man hat sie in der Stille auf dem Friedhof in
Linda begraben. Bis in die Heimat waren sie noch gekommen! Viele Frauen
und Angehörige besuchten die Gräber, die Kirchengemeinde stellte später
einen kleinen Gedenkstein an dieser Stelle auf, im Südosten des
Friedhofs.

Dies geschah zur Amtszeit von Pfarrer Nehrkorn, der ca. 20 Jahre, etwa
von der Mitte der fünfziger Jahre an in Stolzenhain, Linda und
Neuerstadt tätig war. 
In dieser Zeit wurde auch die Innenausstattung der Kirche wegen
Wurmbefall verändert. Die Kirche ist auf einen Meter tief ausgegraben
worden. Das Gemeindeleben blühte: Frauenhilfe und Männerkreis fanden
regelmässig statt, 80 Kinder besuchten (gleichzeitig) die Christenlehre.




Ein ganz besonderes Ereignis war der Turmneubau in Linda im Jahre 1953.
Schon vor dem Krieg hatte sich Pfarrer Wallroth gemeinsam mit dem
Kirchenrat darum gemüht. Er schrieb an die Kirchenverwaltung, dass ein
neues Lindaer Kirchensiegel nicht gefertigt werden könne, da man den
Turmneubau plane und der neue Turm doch dann auf das Siegel kommen
müsste. 
1953 war ein schweres Jahr, Nachkriegszeit. Die Rote Armee war unweit
stationiert, russische Soldaten und Panzer prägten das Strassenbild. Die
Auseinandersetzungen zwischen Staat und Kirche, insbesondere um die
Schule, begannen sich zuzuspitzen. Da ist es wie ein Wunder, dass in
diesem Jahr der Kirchturm gebaut werden konnte, und so massiv dazu. Im
Kirchturm sind die Namen der Maurer und des Kirchenrats gut leserlich
festgehalten: Wache, Geyer, Niendorf.
Der Turm konnte 1998 nach einem Sturmschaden mit Hilfe der Versicherung
neu gedeckt werden. Das Kreuz steht nun hoch über den Dächern von Linda.



Der letzte Pfarrer in Stolzenhain war Pfarrer Schulz. Seit seiner
Verabschiedung zum Reformationsfest 1998 ist das alte Pfarrhaus (1845
für 10.980 Mark gebaut) leer; Linda und Neuerstadt kamen zum 1. Januar
zum neuen Kirchenkreis Wittenberg, Stolzenhain blieb im Kirchenkreis
Herzberg: den neuen politischen Grenzen zwischen Sachsen-Anhalt und
Brandenburg entsprechend.

Inzwischen hatte die Kirche einen neuen Fussweg (in Eigenleistung der
Gemeinde gebaut) und eine elektrische Heizung bekommen, letztere wurde
1999 neu für die ganze Kirche installiert. Neuerstadt, was früher ein
Teil der Stolzenhainer Kirchengemeinde war, wurde mit Linda vereinigt.
Die Kirchengemeinde Linda und Neuerstadt begrüsste die neuen Partner um
Holzdorf, Schweinitz, Jessen und Seyda mit einem grossen
Regionalgottesdienst im Oktober 1999. Im Anschluss fand ein gemütliches
Kaffeetrinken in der Turnhalle statt, mit Birkenschmuck, rotem Teppich
und vielem schmackhaften Kuchen.
Seit 1999 gibt es erstmalig im Ort Neuerstadt selbst Christenlehre, die
im Dorfgemeinschaftshaus stattfindet.
Auch in Linda treffen sich Kinder und Jugendliche (schon seit
Jahrzehnten) zur Christenlehre und zum Konfirmandenunterricht auf der
Empore der Kirche. Zu Ostern 2.000 konnte die Orgel repariert und damit
wieder zum Klingen gebracht werden, dafür wurde im ganzen Dorf Linda und
auch in Neuerstadt gesammelt, und viele haben dazu beigetragen.
Kinderkirchenferientage fanden in Linda statt, in der Bibelwoche wurde
1999 der Kolosserbrief und in diesem Jahr der Prophet Jesaja bedacht,
ein Chor aus Moskau sang in der gut gefüllten Lindaer Kirche. Zur Zeit
gehören gut die Hälfte der Lindaer Einwohner zur Evangelischen
Kirchengemeinde, in Neuerstadt sind es zwei Drittel der Bevölkerung.

Wie wird es weitergehen mit der Geschichte der Kirche in Linda und
Neuerstadt? Eins ist gewiß: Gott, der Herr, wird seiner Gemeinde und
jedem Einzelnen, der sich zu ihm hält, auch weiter die Treue halten, wie
er das bisher getan hat - trotz allem Irrtum und allem Unglauben.
Er lädt auch uns zum Vertrauen auf ihn ein, wie er es mit unseren Vätern
und Müttern getan hat, die Freude und Leid vor Gott gebracht und seine
Kraft gespürt haben.


Wort zum Sonntag, Rundschau und Mitteldeutsche Zeitung am 29. April
2.000

Das Wunder von Linda
Die Geschichte beginnt, wie Wundergeschichten fast immer beginnen: Eine
Not war da. Keinen Ton hat sie mehr von sich gegeben, die Orgel von
Linda. So viele Pfeifen, so ein Werk: aber kein Ton mehr. Und: Jesus war
da. Das sieht man nicht so gleich. Aber man merkt es doch: Die Hoffnung
nämlich: Seine Gemeinde in Linda ist nicht am Ende. Sie wird weiter
fröhlich singen. Und die Orgel wird wieder klingen. Das Dilemma war
freilich groß: woher sollen die Mittel kommen? Jesus war auch da, indem
er nämlich Menschen angesprochen hat. Eine Frau im fernen Mainz hat
davon gehört: Da ist die Orgel kaputt. Sie kann nicht mehr spielen, im
Gottesdienst. Und da ist ihr Herz bewegt worden: 1.500 DM hat sie
gegeben - ohne ihren Namen zu nennen. So viel hat sie eingesetzt: für
Jesus. Für diese Not. So ist das bei den Wundern sonst auch oft: Die 5
Brote und die 2 Fische bei der Speisung der 5.000, das war das, was die
Jünger hatten: das wurde eingesetzt. Auch das Wasser und die Krüge bei
der Hochzeit in Kana beim Weinwunder. Der Esel für den Jubel beim
Palmsonntag, der Festsaal für das Passafest; ja selbst das später leere
Grab: immer waren Menschen da, die etwas eingesetzt haben im Vertrauen
auf diesen Jesus. Das Eingesetzte an sich reicht noch nicht, aber dieser
Jesus kann es verwandeln: Das ist das große Vertrauen, der Glauben. Und
so ist es auch hier in Linda gewesen. Es hat wiederum anderen Mut
gemacht, loszugehen und zu sammeln. Und wie viele haben sich gefunden,
etwas dazuzulegen! „Keiner hat sich ausgeschlossen." sagte ein
Kirchenältester, der gesammelt hat. Ein Wunder? Am Ostertag kam einer in
die Kirche und sagte: „Jetzt will ich mir die Orgel einmal anschauen,
für die ich nun gegeben habe." Am Ende ist es nicht recht zu begreifen,
keiner hätte es gedacht - höchstens geglaubt, vorher, aber dabei doch
mit Zweifel vermischt - in drei Wochen ist es zusammengekommen. So
schnell. Jetzt klingt sie wieder, die Orgel in Linda. Und Jesus ist da,
er lebt! Wir sind eingeladen, ihm zu vertrauen. Immer neu, hier und
heute.

Quellen: Die Schriften von Pfr. Wallroth und Pfr. Schweitzer sowie die
Abschriften aus den Kirchenbüchern sind enthalten in: Beiträge zur
Geschichte des Pfarrsprengels Stolzenhain, Seyda 1999. In :
www.seyda.de/Nachbarn&Partner/Linda









Gebet
Lieber Vater im Himmel! Großer Gott!
Habe Dank für alle Barmherzigkeit und Treue, die Du in den vielen Jahren
den Menschen in Linda und Neuerstadt erwiesen hast! Für die lange und
reiche Geschichte, in der die Kirche hier fast tausend Jahre hindurch
Bestand haben konnte! Für alle Deine Güte, die Du in Geburten und
Hochzeiten, in Saat und Ernte, in Freude und Glück, aber auch in
schwierigen Situationen erwiesen hast.
Habe Dank, dass das Licht des Evangeliums leuchten konnte und leuchtet!
Für alle, die in der Kirche Trost, Kraft und Freude aus Deinem Wort und
Sakrament schöpfen konnten! Für alle, die an den Gemeinden und Kirchen
mitgearbeitet haben!
Habe Dank für allen Mut zum Durchhalten und zum Neuanfang auch in
finsteren Zeiten! Dass Du den Gemeinden trotz manchem Unglauben und
Irrtum treu geblieben bist!
Habe Dank für die Menschen, die sich heute zu Dir bekennen und für die
Kirche, dass wir sie haben.
Wir bitten Dich: sei und bleibe Du mit Deinem Geist an diesen Orten:
stärke alle, die Dein Wort verkündigen; rühr´ Du selbst die Herzen an.
Nimm Dich der Jugend an und öffne ihnen den Zugang zu einem erfüllten
Leben mit Dir! Sei Du bei denen, die krank sind und Not leiden! Segne
alle ehrliche Arbeit! Lass Dein Reich wachsen unter uns! Komm, Heiliger
Geist, erfüll die Herzen Deiner Gläubigen und entzünd´ in ihnen das
Feuer Deiner göttlichen Liebe!
Herr, Dir sei die Ehre: heute, und an jedem Tag. Amen.

Nun danket alle Gott 
mit Herzen, Mund und Händen,
der große Dinge tut 
an uns und allen Enden
der uns von Mutterleib 
und Kindesbeinen an
unzählig viel zu gut 
bis hierher hat getan.

Der ewigreiche Gott 
woll uns bei unserm Leben
ein immer fröhlich Herz 
und edlen Frieden geben
und uns in seiner Gnad 
erhalten fort und fort
und uns aus aller Not 
erlösen hier und dort.

Lob, Ehr und Preis sei Gott 
dem Vater und dem Sohne
und Gott dem Heilgen Geist 
im höchsten Himmelsthrone,
ihm, dem dreiein´gen Gott, 
wie es im Anfang war
und ist und bleiben wird 
so jetzt und immerdar.

Evangelisches Gesangbuch Nr. 321